28 April 2014

Warum Männer mauern

Letztes Wochenende hielten meine Frau und ich unser "Ehe-Führerschein-Seminar" in der Immanuel Gemeinde Landshut. Ein Gedankenkreis beschäftigte sich mit passiver Aggression (was meines Erachtens keine Persönlichkeitsstörung, sondern eine Beziehungsstörung ist). Die kommt häufiger bei Männern vor und zeigt sich in folgenden Symptomen:

  • Nicht eingehaltene Versprechungen
  • Verzögerungsmanöver durch vorsätzliche Langsamkeit ('Dienst nach Vorschrift')
  • Boykott durch Unterlassung
  • Unterschwellige Feindseligkeit; eine Frau beschrieb sie mit "verächtlichem Schweigen, eiskalten Blicken und einem herrischen Tonfall, die sich breit machen"
  • Eine andere: "Das Gefühl der Kälte, das einen durchdringt, lässt dich das Ausmaß Deiner 'Nichtswürdigkeit' spüren."
  • Und wieder eine andere – etwas zynisch: "Ich habe wohl in den Augen meines Mannes einen völlig vermeidbaren Fehler gemacht, der seine Unfehlbarkeit und Geduld mit mir auf eine erneute harte Probe stellt."
  • Und noch eine: "Eigentlich ist die Sache nicht der Rede wert, aber du fühlst dich von den Worten durchbohrt, entrechtet, gedemütigt ... es nimmt dir alle Freude."
  • Und danach: Schweigen, halbe Tage, ganze Tage, tagelang.
  • Keine Entschuldigung. Kein Klärungsversuch. Irgendwann einfach wieder der Übergang zur Tagesordnung.
  • Und jeder denket: Schuld ist der andere.

Was geht da ab?

Er würde gerne mal offen 'Nein' sagen, aber das ist ja nicht akzeptabel, und darum flüchtet er sich aus der Verantwortung in Ausreden hinein. Warum tut er das?

Weil er keine sozial angemessene Kompetenz im Umgang mit Angst, Frust, Ärger und Wut gelernt hat. Wie kommt das?

Schon 'Klein-Männer', wenn sie z.B. Angst haben und es der Mama sagen, dann antwortet die "Brauchst keine Angst zu haben, ich bin ja da." Die Botschaft lautet: "Fühl nicht so!" (Hab' keine Angst.) Würde die Mama sagen: "Was macht Dir denn Angst?" ... und dann erzählen lassen und dann sagen: "So, jetzt nehm' ich die Hälfte Deiner Angst und dann schaffen wir sie gemeinsam aus der Welt." Dann würden schon 'Klein-Männer' lernen, wie man mit Emotionen umgeht, statt zu erfahren, dass Frauen sagen: "Fühl' nicht so!" bzw. "Fühl' nicht!"

Ähnlich der Umgang mit Zorn ("Jetzt hör' aber auf damit!") oder Gemütsverstimmung ("Du hast überhaupt keinen Grund, sauer zu sein!") oder Enttäuschung ("Das hab' ich doch so gar nicht gewollt/gemeint ...")

In der Folge ist er im Umgang mit seinen wahren Gefühlen und in der Durchsetzung seiner eigenen Bedürfnisse gehemmt oder gar behindert.

Er findet sich wieder in der Ambivalenz zwischen einer abgerungenen (Dennoch-)Zustimmung und einer aufbegehrlichen (Dennoch-)Verweigerung.

Das ist jedoch kein lesbarer Zustand und so bleibt er bei Entscheidungen künftig lieber passiv, weil er diesem unerträglichen inneren Konflikt aus dem Weg gehen will.

Er will sie nicht verlieren, d.h. ihre Nähe und Geborgenheit als seine primäre Bezugsperson, was 
ihrem Sicherheitsbedürfnis sehr entgegenkommt, weil sie spürt, dass er zu schwach ist, um von sich aus diese unleidlich gewordene Partnerschaft zu beenden. Daher ist es zu verstehen, dass solche Partnerschaften trotz diesem Krampf sehr beständig sind.

Es entsteht ein Wechselbad der Gefühle zwischen einerseits fast feindseligem Trotz und andererseits mitunter fast unterwürfiger Reue.

Was bleibt, ist, dass er sich mehr und mehr missverstanden und missachtet fühlt. Er wird mürrisch, streitlustig, beklagt sich immer öfter und übt zunehmend unangemessene Kritik.

Wenn dann noch hinzu kommt, dass ihr das Ganze offensichtlich nicht so viel ausmacht, dann mischen sich noch Neid und Groll hinein und das innere Selbstgespräch (besonders beim Einschlafen) – der Hader – kommt nicht mehr zur Ruhe bis sich erste Kränklichkeit und Krankheiten zeigen.

Der Teufelskreis ist installiert:
  • Die Frau übernimmt in der Beziehung (und Familie) zwangsläufig die Regie.
  • Und der Mann fühlt sich immer unwichtiger und ohnmächtig, die Frau allein gelassen.
  • Die Entfremdung hat eingesetzt und wirkt fort bis es – wahrscheinlich zur Trennung kommt ... oder?
Das Beziehungsmuster aufbrechen:
  • Die Frau, wenn sie ehrlich ist, müsste zugeben, dass sie eigentlich keinen Widerspruch dulden will. Oder 'nicht verlieren' ... oder 'sich verteidigen/rechtfertigen' oder wie auch immer sie das nennen will. Da liegt der Hase im Pfeffer. Und genau da hat sich was zu ändern!
  • Denn solange dies unverändert so ist und bleibt, solange ist seine Erfahrung dabei, dass seine Meinung bei ihr und für sie nicht wirklich gilt. Und diese ständig erfahrene Fremd-Ab- und Umwertung seiner Gefühlswelt, schlägt zuletzt in eine verheerende Selbst-Abwertung seiner Gefühle um.
  • Seine wahren Gefühle – falls er sich überhaupt darüber im Klaren ist oder werden kann –, muss er weiterhin unterdrücken und verleugnen. Die Botschaft ist unverändert dieselbe: "Fühl' nicht so!" bzw. "Fühl' besser gleich gar nicht!"
  • Ganz schlimm wird es, wenn sie ihm obendrein dann noch sagt, wie er eigentlich fühlen sollte: z.B. "Statt zu jammern, solltest du dich darüber freuen, dass ..." o.dgl. 
Wenn aber sie nicht lernt, dass er auch mal über etwas verärgert, zornig, wütend und sauer sein darf, ohne dass dies gleich geächtet oder umgedeutet werden müsste, kann er nicht lernen, dass seine Gefühlswelt eine Geltung neben der ihrigen hat und ein 'Nein' nicht gleich zum Abbruch der Beziehung führen muss.

Gefühle, die jedoch begraben werden, beenden meist die gegenseitige Kommunikation. Dennoch  leben sie weiter – aber als 'Zombies' und dies ist ein sehr gefährlicher Zustand!

Liebe Menschenskinder, besonders ihr Frauen: Lasst den Männern ihre Gefühle! Interessiert euch dafür, schon bei den 'kleinen Männern'. Statt ihnen die unangenehmen Gefühle auszureden, redet mit ihnen darüber! Fragt nach. Und dann, wenn ihr wisst, wie sich die Gefühle im Mann anfühlen und warum und woher diese kommen, dann erst nehmt einen Teil dieser Gefühle auf euch und schafft sie gemeinsam aus der Welt.

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