10 Oktober 2015

Berührt werden

Letztens saß ich inmitten einer Gruppe und hörte einem der Menschenkinder zu, das erzählte, wie es aufgewachsen war: Ohne Ansprache seitens der Mutter oder des Vaters, ihm wurde zwar zu essen und zu trinken gegeben, es hatte Kleidung zum Anziehen und ein Bett zum Schlafen, konnte sich waschen usw. Aber Zuwendung, Interessensbekundung, körperliche Berührung oder gar Liebkosung gab es keine. So entstand im Laufe der Zeit eine tief eingeprägte Scham und Isolation. Im Verhalten manifestierte sich dieses negative Gefühl durch Rückzug, Unsicherheit und eine Vielzahl von Angststörungen. Und als Ergebnis davon litt die Person nun schon seit vielen Jahren an Schlafstörungen. Ich war sehr betroffen von dem Leid dieses Menschenkindes und zutiefst im Innersten berührt. So begann ich zu beten, dass dieses Menschenskind dem Erlöser begegnen möge, der es von seinem Leid befreien kann.

Heute Morgen las ich dann die Geschichte Jesu, die er mit einer Frau erlebte, die ähnlich lange Zeit schon litt . Diese hatte seit zwölf Jahren Blutfluss – Tag für Tag. So konnte sie sich nicht unter Menschen wagen. Sie galt als "unrein". Alle bisherigen ärztlichen Heilversuche waren vergeblich. Sie hatte alle ihre Ressourcen aufgebraucht, war schließlich selber aufgebraucht, nervlich am Ende. In ihrer Verzweiflung wagte sie einen letzten Vorstoß: Sie machte sich an Jesus heran. Und da kam es zu dem Moment, wo Jesus plötzlich von dieser Frau berührt worden war. Er spürte es sofort. "Kraft ist von mir ausgegangen", sagte er. Und ich wünschte mir, dass es bei mir doch ähnlich sei: Dass in dem Moment, wo mich das Leben eines Menschenkindes berührt, Kraft von mir ausgehen könne, um zu heilen und Frieden zu geben.

Aber selbst wenn das bei mir nie so sein sollte, bei Jesus ist das immer noch so: Wann immer ein Menschenskind ihn berührt - ob mit seiner Geschichte, seinem Leid oder seinem Bedürfnis nach Zuwendung, Liebe, Heil und Frieden - er spürt es und seine Kraft fließt uns zu.

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