10 Oktober 2015

Einer dieser "Kleinen"

Unser Sehnen nach einem Helden, Menschenskinder, ist im Grunde genommen das Sehnen nach Gnade, nach einem, der größer und stärker ist und der sich unser erbarmt und uns dorthin bringt, wo wir mit unserer Kraft, Intelligenz und unseren Ressourcen niemals hinkommen könnten.

Wir können ganz leicht erkennen, dass wir Gnade erfahren haben, wenn wir in eine bessere Situation oder in einen besseren Zustand gelangt sind, weil jemand anderes etwas für uns getan hat.

• Ps. 44, 3: „Sie haben zwar das Land erobert, doch nicht durch ihre Schwerter kam der Sieg und nicht durch ihre eigene Kraft: Durch deine Hand und deine Macht und deine Gegenwart ist es geschehen, denn du liebtest sie!“

Gnade verändert die Dinge für Dich, Menschenskind. Gnade tut für Dich, was Du niemals für Dich hättest tun können. (So bringt z.B. die Begnadigung den zum–Tode–Verurteilten womöglich sogar aus dem Gefängnis.) Gnade ist die freiwillige Entscheidung eines anderen, der größer, stärker, besser, schneller ist als Du, der mehr Macht und Einfluss und mehr Mittel und Möglichkeiten hat als Du, für Dich, den „Kleinen“ etwas zu tun.

Eurosport zeigte einmal eine für mich beeindruckende Szene: Der Fussballspieler, der das Siegtor für seinen Verein schoss, warf sein Trikot nach Ende des Spieles in die Fankurve. Mehrere Fans rangen darum, bis ein sehr, sehr „großer“ Fan auf der Szene erschien und allein schon mit seiner furchteinflößenden Erscheinung und der nach dem Trikot ausgestreckten Hand allen klar machte, dass er das Trikot will. Ohne es sich handgreiflich erkämpfen zu müssen, bekam er es. Und dann hat er sich umgedreht zu einem, der „kleinen“ Fans und schenkte es ihm. Welch' eine Freude war da auf dem Gesicht des Kleinen!

Warum tut jemand so etwas? Weil er es liebt, dem „Kleinen“ eine Freude zu machen. Der „Kleine“ hat sich das nicht irgendwie verdient. Gnade und Gunst wird jemandem einfach gegeben oder auf eine Bitte hin gewährt. Man findet einfach Gnade in den Augen des „Großen“. Und das nicht, weil der „Große“ etwas Bewundernswertes oder Vorteilhaftes oder großes Potenzial oder sonst was im „Kleinen“ gesehen hat. Das alles kann ja sein, aber das braucht es nicht, um jemandem eine Gunst zu erweisen. Es ist einfach nur die aus Liebe handelnde Gnade des „Großen“ und nicht das Handeln des „Kleinen“, das den anderen zur Gnade bewegt.

• 2. Mo. 33, 19: „»Ich will all meine Schönheit vor deinen Augen vorüberziehen lassen und will den Namen des HERRN laut vor dir ausrufen, nämlich dass ich Gnade erweise, wem ich eben gnädig bin, und Barmherzigkeit dem erzeige, dessen ich mich erbarmen will.«

Es ist wie bei Eltern: Sie wählen ein Kind zu haben, das sie dann auch lieben werden, weil es ihr Kind ist. Und nicht anders herum! Sie müssen nicht wählen, ihr Kind, das sie haben, auch zu lieben.

• Joh. 15, 16: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“

Es ist eine Sache der Wahl bzw. der Erwählung. Und wir, Menschenskinder, wir sind erwählte Leute! Wir sind besonders, weil wir erwählt wurden und nicht anders herum (als ob wir erwählt wurden, weil wir besonders sind …) Wir sind Favoriten! Wie wenn ein Trainer z.B. seine Favoriten hat: Da kann man machen was man will, es beeinflusst die Mannschaftsaufstellung nicht. Man wird nicht aufgestellt, auch wenn man noch so gut ist. Und man fliegt nicht raus, wenn man schlecht ist. Man kann das einfach nur dankbar akzeptieren oder für sich ablehnen.

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